Future Novel (deutsch)

Es wird eine Zeit sein,
als die NZZ noch nicht das anti-China Hetzblatt war,
zu dem sie später wird.

Ich werde Journalist und Schriftsteller sein
und Artikel schreiben,
die die Leser zugleich ärgern
und bestätigen.

Ich werde in einem grossen Haus im Stil amerikanischer Hotelbauten leben,
das mir als nationalem Dichter zur Verfügung steht,
und ich werde ihn rausschmeissen,
damit ich ungestört über ihn schreiben kann.

Oder war er eine Frau?
Ich werde mich nicht erinnern.

Freunde werden dabei sein,
als er mich angriff.

Ich werde sehen,
dass er mich liebt.

Er wird einen braunen Anzug tragen,
wie ein Landarbeiter, der an Maria Himmelfahrt
die Stadt besucht.

Er wird sich einbilden,
Journalist und Schriftsteller zu sein wie ich,
doch ist er nur ein kleingewachsener,
kräftiger junger Mann,
der nie von etwas anderem leben wird,
als mit Männern zu schlafen.

Wird es in einem Nachtklub gewesen sein?

In einer Schar von dort arbeitenden jungen Männern
werde ich auf ihn gestossen sein.

Er wird der Hübscheste gewesen sein,
ich am besten angezogen;
die Kombination wird sich
wie von selbst ergeben haben.

Wird er in meinem Schlafzimmer liegen?

Es wird kein Zimmer sein,
sondern eine lange Raumwelle,
die Rückwand roher Beton,
die Fensterseite verglast auf einen grünen Dschungelgarten…

Einem Drittweltland entsprechend,
in dem die Oberschicht besser lebt
als die Reichen der reichsten Länder.

Wird noch ein anderer junger Mann oder eine junge Frau gegenwärtig sein?

Wird mich die Aussicht,
einen neuen Roman zu schreiben,
mehr anziehen an als dessen Gegenstand?

Wird mir selbstverständlich sein,
ihn rauszuschmeissen,
obwohl er mich liebt,
wie man einen Hund
vor den Sommerferien
auf einem Parkplatz sitzen lässt?

Werde ich ihn geliebt haben?
Werde ich etwas empfinden?
Werde ich ihn vermissen?

Wird der Wachmann einen anderen jungen Mann ins Haus lassen?

Wird der Körper,
der jetzt bei mir schläft,
ihn mir ersetzen?

Werde ich erstaunt sein,
wenn morgens ein anderer junger Mann neben mir liegt,
der mich so selbstverständlich liebt,
als kennten wir uns seit vielen Tagen,
obwohl ich ihm noch nicht einmal einen Namen gegeben habe?

Will ich ihn Kevin nennen oder Justin?

Werde ich spüren,
dass seine Muskeln warm wie frische Dschungelerde sind;
dass seine Haut braun ist wie eine Dschungelstrasse?

Werde ich wissen,
ohne zu wissen,
dass er,
ohne zu wissen weiss,
dass wo er herkommt,
noch tausende herkommen werden,
jünger,
hübscher,
besser im Bett,
bereit zu sterben,
um ein paar Tage zu leben?

Wird die wirkliche Geschichte sein Kampfhahn sein,
den er verkaufen musste,
um in die Hauptstadt zu fahren,
um Geld zu verdienen,
um die drückendsten Schulden seiner Familie zu bezahlen,
des betrunkenen Vaters,
der seine Schwestern vergewaltigt,
der Mutter,
die als Hure arbeitet,
des schwachsinnigen Bruders,
ohne den er nicht einschlafen kann?

Was werden ihn diese Leute noch angehen,
wenn er in der Stadt aus dem Bus steigt?

Wird er mich um Geld für seine Familie bitten?

Werde ich wissen,
ob er lügt?

Wird er mir seinen jüngeren Bruder anbieten,
ohne den er nicht einschlafen kann?

Wird er neben mir liegen
und an seinen Kampfhahn denken,
als besässe er ihn noch?

Wird er verzweifelt versuchen in meiner Nähe
die Nähe seines Bruders zu finden?

Wird er,
der vierundzwanzig Stunden am Tag zu kämpfen gewohnt ist,
die Ruhe meines Hauses ertragen?

Wird ihm die Strasse fehlen,
in seinem Dorf,
der heranrasende Bus,
der alle Hoffnungen verspricht,
der wegrasende Bus,
der alle Hoffnungen wegträgt?

Werde ich neben ihm liegen
und in ihm eine Welt spüren,
die ich nur ahne?

Wird er mir seinen Staat,
sein Dorf zeigen wollen,
obwohl er mir damit nur beweist,
dass er einer unter tausenden ist,
ersetzbarer,
auswechselbarer,
gesichts- und namenloser Körper,
die sich dem Wachtmann mit einer vagen Empfehlung vorstellen,
der unter ihnen den Tigerkörper mit dem Lammgeist zu finden hat,
den jungen Mann,
der die Wahrheit spricht,
weil er den Tod vor Augen hat?

Wird er in dem wellenförmigen Living Room vor dem Fernseher sitzen,
oder am schattigen Pool liegen?

Wenn er schon ein paar Tage hier ist und ein iPhone hat,
wird er Selfies schiessen?

Wird er zu erraten versuchen,
was ich von ihm erwarte,
was ich mir wünsche?

Wird er wie ein junger Hund alle paar Atemzüge mich anschauen,
ob ich mit ihm zufrieden sei,
bereit sich für mich in eine Frau,
einen Sklaven,
einen Hund,
einen Folterknecht zu verwandeln?

Wird ihm,
was ich sage,
Gesetz sein?

Wird er wie mit einer Riesenschlange
mit der ihm neuen Langeweile kämpfen,
glücklich über den kleinsten Auftrag,
den ich ihm gebe,
wie ein Hund, der wartet,
dass man ihm den Ball wirft?

Werden mir seine Augen,
wenn er mich angreift,
die Verzweiflung,
dass ich ihm alles,
er mir nichts bedeutet,
in Erinnerung bleiben?

Werden die Wachtmänner ihn verprügeln,
nachdem er mich angegriffen hat?

Werde ich seine Schreie hören?

Werden seine Augen mich nachts nicht einschlafen lassen?

Werde ich mich fragen,
was aus ihm geworden ist?

Wird er den Wachmann plagen mit
mir auszurichtenden Botschaften,
die mir nicht ausgerichtet werden?

Wird er endlich schaffen,
vor mich geschleppt zu werden,
vor mir heulend am Boden liegen,
sprachlos

weil

er mir nichts anzubieten hat,
mich nur belästigen kann?

Wird der Funken in seinen Augen erloschen sein?

Wird sein rohes Elend,
in meinem Herzen Widerwillen erwecken?

Werde ich mich abwenden,
belästigt,
dass er mich sein gewöhnliches Elend,
wahrzunehmen zwingen will?

Oder

Werde ich ihn aufheben
und mich wie durch einen Tränenschleier erinnern,
an eine Vorzeit,
wo ich am Boden lag,
und er mich liebend aufhob?